© Doris Fanconi

Der Schweizer Micha Lewinsky, geboren 1972 in Kassel, ist Drehbuchautor und Filmregisseur. Sein erster Roman Sobald wir angekommen sind hat den erfolgsbefreiten Ben Oppenheim zur Hauptfigur. Er hat Rückenschmerzen, Geldsorgen und muss zwischen seiner Exfrau, zwei Kindern und der frischen Liebe zu Julia jonglieren. Aber
was ihn wirklich stresst, ist der Krieg in Osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien …
Am 20. November kommt Lewinsky übrigens nach Wien,
um bei Thalia Wien Mitte aus dem vielleicht lustigsten Buch des Jahres zu lesen.
diogenes.ch

 

Das letzte Mal

vor etwas geflüchtet bin ich …
vergangenen Sonntag aus dem Schwimmbad. Ich liebe den Sommer. Aber die potenzierte
Mischung aus Hitze, schreienden Kindern, zurückschreienden Eltern und Wespen
war mir dann doch zu arg.

Das letzte Mal, dass ich zu spät angekommen bin, war …
ich selbst schuld. Wie immer. Ich denke: Diesmal hab ich alles im Griff. Dann schau ich, bevor ich los muss, noch aufs Handy, ich antworte auf eine SMS, dann lese ich, weil ich das Handy ja schon in der Hand habe, die neuesten Nachrichten, plötzlich sehe ich
meine Gitarre, bekomme Lust, noch ein bisschen zu klimpern, nur eine Minute,
dann fällt mir ein, dass meine Vespa nicht da steht, wo sie stehen sollte, oder mein
Hausschlüssel ist nicht auffindbar, irgendwas ist immer – am Ende komme ich verlässlich zehn Minuten zu spät. Aber ich habe mich beeilt!

Das letzte Mal, dass ich mich angekommen gefühlt habe, war …
in meiner neuen Wohnung in Zürich. Ich schaue auf die Limmat, der Ventilator surrt leise,
meine Freundin liegt auf dem Sofa und liest, ich mache uns einen Eiskaffee. Und
bald kommen die Kinder aus dem Urlaub zurück …

Das letzte Mal Angst vor dem weißen Blatt hatte ich …
vor wenigen Tagen, als ich mir überlegt habe, was ich als nächstes schreiben soll. Es ist immer der mühsamste Teil der Arbeit. Sobald ich weiß, was ich erzählen will, beginnt der Spaß.

Das letzte Mal glücklich in Wien war ich …
vor wenigen Wochen in einem Tonstudio. Der Schauspieler Michael Maertens hat das Hörbuch zu meinem Roman eingelesen. Es war ein großes Geschenk, meine Sätze aus seinem Mund zu hören.

 

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