Caterer ohne Lebensmittel

Josef Frankl hilft beim Einrichten von jüdischen Events. Dafür hält er in seinem riesigen Wiener Depot koscheres Geschirr und Besteck bereit.

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Koscher feiern wie aus dem Bilderbuch: Dank des umfangreichen Sortiments von Caterer Josef Frankl ist das ebenso möglich wie andere passgenaue Events. © Reinhard Engel

„Da darf auch ich nicht ohne Maschgiach hinein.“ Josef Frankl steht im ersten Stock seiner riesigen Lagerhalle vor einer versperrten Türe. „If you want it kosher, we have it“, liest man auf einem Plakat. „Wenn jemand ein jüdisches Event veranstaltet, ob es eine Hochzeit oder eine Bar Mitzwa ist, dann verpackt der Maschgiach hier die Teller und das Besteck, und es darf dort erst unter seiner Aufsicht wieder ausgepackt werden. Danach geht es wieder den umgekehrten Weg.“

Frankl24 heißt die Firma, die in Wien, München und Salzburg rund 100 fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Dazu kommen noch fallweise etwa 20 bis 25 Freie, etwa LKW-Fahrer für Großereignisse. Das Hochregallager in Wien Kagran hat gewaltige Dimensionen: Hunderttausende von Gläsern sind hier in bunten stapelbaren Plastikkörben gelagert, ebenso viele Teller unterschiedlicher Designs und Farben, Gläser, Sessel, Tische, Pfannen, Töpfe und diverse Elektrogeräte, von ganzen Reihen von Kühlschränken bis zu mächtigen Gastro-Öfen zum Erwärmen oder Vor-Ort-Kochen.

„Mit Öfen habe ich auch begonnen“, erzählt Frankl. „Das ist für die so genannten Non-Food-Caterer der mühsamste Teil: Die Dinge sind teuer, fettig, müssen sorgfältig geputzt werden und gehen auch kaputt.“

Frankl wurde 1952 in München als Sohn eines Fleischhauers, dort heißen sie Metzger, geboren. Er erlernte ebenfalls diesen Beruf und führte lange Jahre seinen eigenen Betrieb. „Beim Party-Service, das ich damals auch gemacht habe, haben mir immer wieder Sachen gefehlt, und ich konnte genau das Leihgeschirr nicht bekommen, das ich gebraucht hätte. Da habe ich mir gedacht, irgendwann mache ich das selbst.“

Frankl hatte einen schweren Autounfall, bei dem er nur knapp der Querschnittslähmung entging. Noch im Spital entschloss er sich, sein Leben und sein Geschäft zu ändern. Er verkaufte die Metzgerei und begann ganz klein mit dem Verleih von mobilen Öfen. Der erste größere Auftrag führte ihn gleich ins Ausland, zur Fußball-EM 2004 nach Portugal.

„In Wien arbeite ich mit Aschkenasi und Sepharden zusammen.
Der Anteil von
koscherem Verleih macht hier immerhin
acht Prozent aus.“

Josef Frankl

Zuhause in München wurde er dann wiederholt von Kunden angesprochen, er möge ihnen doch auch Geschirr und Besteck vermieten, sie würden lieber alles aus einer Hand beziehen, statt sich mit mehreren Dienstleistern zu koordinieren. So entwickelte er sich allmählich – ohne größere finanzielle Eigenmittel – zum Komplettanbieter, und seine Lager wuchsen entsprechend mit. „Wir sind sozusagen das Backup für alle. Wir liefern, was die anderen brauchen, um zu feiern.“

Das koschere Geschäft wurde ebenfalls von außen an den Katholiken herangetragen. In München zählte eines der Hilton-Hotels schon länger zu seinen Kunden. Und einmal wurde er für ein koscheres Fest gebucht. Dazu kaufte er neue Teller, aber als er diese dem Food-&-Beverage-Manager übergab, sah er, dass das Event deutlich größer ausfiel als ursprünglich gedacht, seine Teller würden dafür nicht reichen. „Da hat der gesagt, macht nichts, dann nehmen wir eben unsere dazu. Ich habe damals von koscher noch nicht viel gewusst, aber es war mir klar, dass das nicht in Ordnung ist, eigentlich Betrug. Die Leute zahlen für etwas, was sie dann gar nicht bekommen.“

© Reinhard Engel

Informierter und ehrlicher Partner. Frankl begann sich einzulesen und direkt in der Münchner jüdischen Gemeinde zu informieren, was es denn für einen seriösen koscheren Betrieb alles braucht. Daraus wurde dann ein eigener, kleinerer Geschäftszweig, in Wien sogar bedeutender als am Stammsitz. „In München gibt es nur Aschkenasi“, weiß der Unternehmer. „In Wien arbeite ich mit Aschkenasi und mit Sepharden zusammen. Der Anteil von koscherem Verleih macht in München vielleicht zwei Prozent vom Gesamtumsatz aus, in Wien immerhin acht.“ Dazu kommen noch gelegentlich einzelne Ereignisse im Ausland, die weite Transportwege rechtfertigen, etwa eine große Hochzeit in Antwerpen oder die europäische Rabbinerkonferenz in Amsterdam.

In Wien haben die unterschiedlichen Gemeinden auch unterschiedliche Ansprüche und ästhetische Vorstellungen. Bei den Orthodoxen muss Frankl etwa für die Feste Raumteiler liefern, die Frauen von Männern trennen. Die Tische der Frauen sind dabei schöner gedeckt als jene der Männer. Ihre können manchmal einfacher ausfallen, etwa mit Plastikbesteck und Wegwerftellern. Bei den Sepharden wiederum geht es opulenter zu, sie wollen es bunter, aufwändiger, reicher, mit dekoriertem Porzellangeschirr.

Frankl hat die Israelitische Kultusgemeinde für sein Catering immer wieder als Kunde, darüber hinaus kooperiert er mit einer Reihe von Wiener Rabbinern, die ihm dann ihre Maschgiachs schicken. Das sind religiöse Aufpasser, die darauf achten, dass der koschere Kreislauf nicht unterbrochen wird, dass keine Verunreinigung von außen stört. Gastro-Unternehmer Frankl bringt ein Bild aus der nichtreligiösen Welt: „Man kann es eventuell mit einer durchgehenden Kühlkette vergleichen.“ Es sind vor allem vier Rabbiner, die zu Frankls Dauerkunden gehören, zwei Orthodoxe, einer von Chabad und ein sephardischer.

Die Maschgiachs bestehen in ihrer jeweiligen Anhängerschaft auf eigenen Konzepten von Reinheit und Genauigkeit der Aufsicht. Was für den einen passt, reicht dem anderen in gewissen Details nicht aus und umgekehrt. „Daher hat jeder seine eigenen Geräte und sein eigenes Geschirr bei uns im Lager“, so Frankl. „Ich habe ihnen vorgeschlagen, das gemeinsam zu machen, es wäre auch für ihre Kunden billiger. Aber das wollen sie nicht.“

Frankl hat als scharf kalkulierender Geschäftsmann daher seinen Ofen-Mietern klar gemacht, wo seine finanziellen roten Linien liegen. „Ich muss einen der teuren Dampfgarer im Jahr mindestens sieben Mal vermieten, sonst geht es sich nicht aus. Diese sieben Veranstaltungen müssen sie mir garantieren.“

Dafür garantiert er wiederum, dass alles von seiner Seite her ordentlich abläuft, dass jeder genau das bekommt, was er bestellt hat und worauf er Wert legt. „Wir haben unter den Metzgern in München immer Handschlagqualität gehabt. Und wehe, einer hat das gebrochen, dann war er draußen.“

So hat auch Frankl mit seinen jüdischen Partnern vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut. Während des Interviews kommt Itzchak Yuriy mit einer eigenen Kundin vorbei. Er bereitet ein Catering seines koscheren Lokals Yudale am Volkertmarkt vor. Zwar verfügt er über eigenes Geschirr, aber er braucht noch zusätzlich Besteck und Gläser. Die beiden gustieren im Showroom, notieren, was sie alles buchen wollen. Frankl und er haben einander vorher wie alte Freunde begrüßt.

© Reinhard Engel

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