Die bunten Früchte der Erde

Moran Gadner betreibt in Wien eine Kombination aus Galerie und Schmuckgeschäft. Im Mittelpunkt stehen ihre eigenen dezenten Designs mit farbigen Edelsteinen.

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© Reinhard Engel

Es sind eigentlich zwei Geschäfte in einem. An der Rückwand und im hinteren Raum hängen zeitgenössische abstrakte Gemälde. In der Auslage und in den Vitrinen vorne glitzert es vielfältig bunt. Moran Gadners Galerie und Schmuckatelier in der Wiener Dorotheergasse vereint Kreatives aus völlig unterschiedlichen Bereichen.

„Ich gebe immer wieder jungen österreichischen Künstlern die Gelegenheit, bei mir auszustellen“, erzählt die schlanke Unternehmerin im blitzblauen Schlauchkleid. Diese müssen freilich eine akademische Ausbildung absolviert haben, Hobby- und Freizeitmaler bekommen keine Chance.

Moran Gadner hat selbst ein einschlägiges Studium absolviert, Kunstgeschichte. Und auch wenn sie heute sowohl abstrakte wie figurative Maler ausstellt: Ihre Diplomarbeit widmete sie einer österreichischen Besonderheit, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegen den internationalen Strom angerudert hatte, dem Phantastischen Realismus. Arik Brauer, der Wiener phantastische Realist und seine jüdische Werkgruppe lautete deren Titel.

Die Beschäftigung mit Kunst hat sie schon in jungen Jahren in der Familie unmittelbar mitbekommen: „Meine Eltern haben mich schon sehr früh in Museen, Galerien, zu Ausstellungen geführt, das habe ich eigentlich im Blut.“ Und auch der zweite, wichtigere Aspekt ihres Business wurzelt in der Familie.

„Natürlich verkaufe ich auch alten
Schmuck. Aber der Schwerpunkt liegt
auf meinen eigenen Entwürfen.“
Moran Gadner

Die Gadners, Vater Reuven und Mutter Ludmila, sind noch aus der damaligen Sowjetunion nach Israel emigriert und später nach Österreich weitergezogen. Der Vater, gelernter Goldschmied und Gemmologe, eröffnete ein Schmuck- und Antiquitätengeschäft; die Mutter, eigentlich Ärztin, entwickelte als Autodidaktin ebenso beträchtliche Expertise in schönen Gegenständen. Sie erinnert sich: „Wir haben Moran, als sie drei, vier Jahre alt war, schon bunte Halbedelsteine oder kleine Perlen gegeben, und sie hat selbst gefädelt oder Ohrgehänge gebastelt.“

Aber diese Freude am Glitzern sollte nicht kindlich bleiben, und auch nicht bloß gefühlsbetont. Zwar schwärmt Moran immer noch davon, „was Mutter Erde hervorbringt. Die Edelsteine sind ja letztlich Früchte der Erde.“ Doch Gadner senior ist stolz, dass alle drei Kinder – zwei Töchter und ein Sohn – studiert haben. Und Moran hörte auch nicht bei Kunstgeschichte auf, sie hängte noch eine Ausbildung in Gemmologie an und schloss sie mit einem europäischen Zertifikat ab, das sie auch zu Gutachtertätigkeit befähigt. Es hängt gleich neben dem Uni-Diplom gut sichtbar im Geschäft.

Schmuckmacherin und Kunsthistorikerin: Moran Gadner vor ihrem Wiener Innenstadtladen. © Reinhard Engel

Wissen, Handwerk und Geschäftssinn. Die Magistra hat auch über andere Themen publiziert, etwa über jüdische Silbergegenstände oder über Art-Deco-Schmuck. Die Selbstständigkeit, das Unternehmerische, stand aber stets auf ihrer Agenda ganz oben, sie wollte sich im wirklichen Geschäftsleben bestätigen, nicht nur auf Papier.

„Natürlich verkaufe ich auch alten Schmuck. Aber der Schwerpunkt liegt auf meinen eigenen Entwürfen“, erzählt Moran Gadner. „Diese fallen eher minimalistisch aus, die Qualität der Steine soll im Vordergrund stehen und zur Geltung kommen.“ Der Vater zieht eine Parallele zur Wiener Werkstätte, die Mutter verweist auf jene Kundengruppen, die von dieser dezenten Art des Designs angesprochen werden: „Das sind Schweizer, Deutsche, Franzosen und Österreicher. Der Geschmack in Wien ist zurückhaltend, nicht protzig. Russen oder Araber wollen etwas anderes, sie haben einen anderen Geschmack.“

Daher sollten auch die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Rückgang russischer Touristen das Geschäft von Moran Gadner nicht negativ betreffen. „Meine internationalen Kunden kommen regelmäßig vorbei, diskutieren auch manchmal mit mir Designs, die sie sich vorstellen können und die ich dann bearbeite und konkret umsetze.“ Gefertigt werden die Schmuckstücke in mehreren Wiener Ateliers, einzeln und per Hand, nicht wie bereits oft automatisiert in der industriell dominierten Standardproduktion Italiens oder Asiens.

Zentral für die Angebote von Moran Gadner ist die Qualität der Steine, die aus Lateinamerika, der Südsee oder aus Asien kommen. Sie hat den Blick für deren Leuchten, die Reinheit und das Potenzial im späteren Zusammenspiel mit Steinen anderer Farben, gehalten von zarten Fassungen. Zu Preisen will sie keine konkreten Angaben machen, es gebe zwar die Möglichkeit, für jemanden mit einem kleinen Budget, etwa 500 Euro, etwas zu finden, aber nach oben sind in dieser Branche keine Limits gesetzt.

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