Am 9. April 1826 wurde der nach den Plänen des Architekten Joseph Kornhäusel errichtete Stadttempel in der Seitenstettengasse eröffnet – er sollte schließlich die einzige Wiener Synagoge sein, die in der NS-Zeit nicht völlig zerstört wurde. 1947 fanden die nötigsten Wiederinstandsetzungsarbeiten statt. Sanierungen gab es aber schon zuvor – erstmals 1895 (Architekt: Wilhelm Stiassny), weitere kleinere Adaptierungen folgten 1923 (damals wurde u.a. ein Aufzug eingebaut) und 1934. 1963 wurde erneut eine Generalsanierung durchgeführt (Architekt: Otto Niedermoser). Die bisher letzte Rundumerneuerung fand 1988 unter der Planung von Architekt Thomas Feiger statt. Damals entstand auch das neue Foyer, das Gemeindezentrum und das Mahnmal für die Opfer der Schoa.

„Der Stadttempel solle seinen Charme behalten und gleichzeitig vor allem technisch moderner werden.“ IKG-Oberrabbiner Jaron Engelmayer
Am Ende solle der Stadttempel modernisiert und „für uns alle angenehmer, bequemer gemacht werden.“ IKG-Präsident Oskar Deutsch

Nun soll der Stadttempel einmal mehr auf den Stand der Zeit gebracht werden. Die Restaurierungsarbeiten sollen nach den Hohen Feiertagen 2025 beginnen und vor Rosch HaSchana 2026 abgeschlossen sein, wie IKG-Präsident Oskar Deutsch Mittwoch Abend bei einem Bürgerparlament zur Neugestaltung des Stadttempels ankündigte. Mit der Planung wurde hier vom Kultusvorstand einstimmig das Architekturbüro KENH (Team: Kim Tien, Eric-Emanuel Tschaikner, Natalie Neubauer) betraut. Der Stadttempel sei „ein Schmuckstückchen“ und die Visitenkarte der IKG Wien, vor allem aber sei er „unsere Synagoge, die Synagoge von jedem einzelnen Gemeindemitglied“.

„Wir verstehen Denkmalschutz aber so, dass wir nicht nur das Materielle  betrachten, sondern uns auch mit dem Entwurfsgedanken auseinandersetzen.“ Eric-Emanuel Tschaikner, Architekturbüro KENH
Prof. Arnold Pollak, Tempelvorstand: „2026 werden wir dann ein wirklich gutes neues Jahr feiern – wir freuen uns jedenfalls sehr.“

 

 

 

Riesige Änderungen seien auf Grund des Denkmalschutzes nicht möglich, aber am Ende solle der Stadttempel modernisiert und „für uns alle angenehmer, bequemer gemacht“ werden, so Deutsch. Saniert werden sollen auch die Fassade sowie das Gemeindezentrum. Die Kosten dafür wurden mit rund zehn Millionen Euro veranschlagt, zwei Drittel möchte die IKG versuchen, von der öffentlichen Hand zu erhalten. Der Rest soll über Spenden finanziert werden. Dazu wurde u.a. die Fundraising-Initiative „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ ins Leben gerufen. Ab einer Spende in der Höhe von 2.500 Euro wird dem Spender oder der Spenderin einer der 600 Sterne an der Kuppel der Synagoge gewidmet.

„Wir mögen und lieben diesen Stadttempel – viele von Ihnen sind auch in diesem Tempel aufgewachsen.“

Nun soll aber erst einmal mit der konkreten Planung begonnen werden. Dafür hat das Architekten- und Architektinnenteam schon einmal in die historischen Pläne und Abbildungen aus der Entstehungszeit des Stadttempels – aus Kornhäusels Zeit gibt es etwa Kupferstiche – sowie die Pläne sämtlicher bisheriger Renovierungen Einsicht genommen. Demnach präsentierte sich die Synagoge nicht immer mit den dunklen Holzvertäfelungen, wie wir sie heute kennen. Ob man sich nun mehr am Originalzustand des Tempels orientieren möchte? „Wir haben in den Plänen schon durchaus Dinge gefunden, die uns inspiriert haben“, meinte dazu Tschaikner. „Wir verstehen Denkmalschutz aber so, dass wir nicht nur das Materielle betrachten, sondern uns mit auch mit dem Entwurfsgedanken auseinandersetzen. Hier haben vier Architekten maßgeblich mitgearbeitet.“ Noch wolle man zum Erscheinungsbild der Synagoge nach der umfassenden Restaurierung noch nicht viel verraten – aber es solle klar eine Einheit zu erkennen sein.

Das Bürgerparlament am Mittwoch Abend diente dazu, auch die Gemeindemitglieder aufzufordern, sich hier einzubringen.

Dass sich Tschaikner hier noch bedeckt hält, hat auch einen anderen Grund: aktuell ist das Team von KENH dabei, in Workshops mit den verschiedenen Stakeholdern zu erarbeiten, was es hier an Wünschen gibt. Das Bürgerparlament am Mittwoch Abend diente dazu, auch die Gemeindemitglieder aufzufordern, sich hier einzubringen. Aus dem Publikum wurden denn auch viele Anregungen formuliert: von Barrierefreiheit bis zu einer besseren Akustik auf den beiden Frauengalerien, von zeitgemäßer gestalteten WC-Anlagen bis zu bequemer gestalteten Sitzen lauteten die Wünsche. Ein mehrfach geäußertes Anliegen ist zudem ein Schabbeslift. All das und noch viel mehr werde man berücksichtigen, versicherte Tschaikner. Brandschutz, Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Akustik, Barrierefreiheit: alles soll am Ende den Anforderungen der heutigen Zeit, aber auch den Vorgaben des Denkmalschutzes entsprechen.

Die Gefahr, dass man den Stadttempel nach der Sanierung nicht mehr erkennt, bestehe auf Grund des Denkmalschutzes nicht, wie der IKG-Präsident launig betonte. Und Oberrabbiner Jaron Engelmayer sagte: „Wir mögen und lieben diesen Stadttempel – viele von Ihnen sind auch in diesem Tempel aufgewachsen.“ Er solle seinen Charme behalten und gleichzeitig vor allem technisch moderner werden. Sich hier auch mit den Gemeindemitgliedern auszutauschen und einen Dialog zu führen, was im Zug der Restaurierung alles berücksichtigt werden soll, sei wunderbar. Wer am Mittwoch Abend nicht an diesem Austausch teilnehmen konnte, kann seine Anregungen übrigens entweder an das Generalsekretariat (office@ikg-wien.at) oder direkt an KENH Architekten (info.tempel@kenh.at) mailen. Die Seite stadttempel.at informiert zudem über die Renovierungsarbeiten zum 200-Jahr-Jubiläum.

Das tägliche Gebet findet während der Sanierungsarbeiten wie schon bisher im Wintertempel statt, am Schabbes wird während der rund einjährigen Restaurierung im Gemeindezentrum gebetet, wie der Oberrabbiner bekannt gab. Statt Sitzkidduschim wird es daher in dieser Zeit nur Stehkidduschim geben. Das Gemeindezentrum wird dann im Anschluss an die Synagoge saniert. Dass die Bauzeit nicht ganz ohne Probleme ablaufen wird, dessen sei man sich bewusst, sagte Arnold Pollak im Namen des Tempelvorstands. „Damit rechnen wir. Aber 2026 werden wir dann ein wirklich gutes neues Jahr feiern – wir freuen uns jedenfalls sehr.“

„Ein Stern, der deinen Namen trägt“ …

 

Auch Sie haben die Möglichkeit zum Spenden:

IKG-Website
ikg-wien.sicher-helfen.org

 

Spendenkonto
IBAN: AT82-1200-0100-3011-8409, BIC: BKAUATWW
Israelitische Kultusgemeinde Wien
Spendenzweck: Restaurierung Stadttempel

 

 

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