„Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen“

Vor 120 Jahren starb Theodor Herzl, Vordenker des heutigen Staates Israels, in Edlach an der Rax. Am Mittwoch wurde auf Einladung der israelischen Botschaft in Österreich seiner in einem Festakt vor seinem ursprünglichen Grab am Döblinger Friedhof in Wien gedacht (1949 wurden seine sterblichen Überreste nach Jerusalem überführt und auf dem Herzlberg bestattet), vor dem die Fahne Israels wehte. Oberkantor Shmuel Barzilai sprach das Jiskor-Gebet und stimmte danach die HaTikwa an.

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Foto: Alexia Weiss

Viele derer, die gekommen waren, trugen die gelbe Schleife am Revers: #bringthemhome. Und so standen die Reden von Israels Botschafter in Österreich, David Roet, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und IKG-Vizepräsidentin Claudia Prutscher auch nicht nur im Zeichen der Erinnerung an Herzl und seine Visionen, sondern auch im Zeichen des 7. Oktober und jener über 100 Geiseln, die immer noch von der Hamas in Gaza festgehalten werden, sowie des weltweit und auch in Wien gestiegenen Antisemitismus.

„Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen“, schrieb einst Theodor Herzl. Mit seinem 1896 erschienenen Buch „Der Judenstaat“ hatte er skizziert, was ab 1948 Israel sein sollte. Aus dieser Idee wurde Realität. Herzl, in Budapest geboren und aufgewachsen und zum Studium, zur Arbeit, zum Leben nach Wien übersiedelt, sei „ein richtiger Wiener“ gewesen, wie Ludwig betonte. Als er als Journalist über die „Dreyfus-Affäre“ in Paris berichtete, habe ihn der zu Grunde liegende Antisemitismus an jenen erinnert, den er bereits aus seinen Studententagen kannte. „Er hat gespürt, dass Antisemitismus nicht regional ist und man dagegen international vorgehen muss.“

Gegen Antisemitismus entschieden vorzugehen, dafür stehe auch Wien, so der Bürgermeister. Wenn hier, wie der israelische Botschafter zuvor angeprangert hatte, mitten im zweiten Bezirk „Death to Zionism“ an eine Hauswand geschmiert werde, werde das von der Stadt umgehend entfernt. Roet dankte dem Bürgermeister für sein Engagement, und beklagte, dass Zionismus heute oft missinterpretiert würde: „In seinem Kern ist Zionismus eine Antwort auf Verfolgung und Genozid.“ Zionismus bedeute aber auch, der Demokratie verpflichtet zu sein. Genau diese Vision Herzls sei im heutigen Israel lebendig.

Umso unverständlicher sei es, dass weltweit auf den Angriff auf Israel am 7. Oktober mit einem Zorn reagiert werde, der sich gegen Israel – aber auch gegen Juden und Jüdinnen weltweit – richte. Das sei „inakzeptabel“. Es sei immer legitim, Entscheidungen der israelischen Regierung zu kritisieren. Antisemitisch werde diese Kritik allerdings, wenn Israel an sich das Existenzrecht abgesprochen werde. Österreich stehe mit all seinen Körperschaften hinter Israel, betonte Ludwig. Israel müsse geschützt werden, so die gemeinsame Überzeugung. Der Bürgermeister erklärte zudem, er freue sich über die kleine, aber sehr lebendige Wiener jüdische Gemeinde.

Deren Vizepräsidentin Claudia Prutscher stellte indessen Überlegungen an, ob Herzl, würde er heute noch leben, überrascht wäre über die tatsächliche Existenz Israels? „Wohl kaum“, ihr Fazit. Für ihn sei „der Judenstaat“ eben keine Utopie gewesen. Leider habe man in den vergangenen Monaten allerdings schmerzhaft lernen müssen, dass der Staat Israel, der auch Juden und Jüdinnen in der Diaspora Sicherheit gebe, keine Selbstverständlichkeit sei.

Foto: Alexia Weiss

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